Gemeinsame Schulung mit NRW und Rheinland-Pfalz

Foto: Willi Faber
Foto: Willi Faber

Bericht: Ingeborg Till

Es begann damit, dass sich eine Sprecherin des Landesfachsauschusses Wolf aus NRW mit mir, der Sprecherin der Landesarbeitsgruppe Wolf in Hessen, spontan auf einen Kaffee getroffen hat. Bei allerlei wölfischen Gesprächsthemen kamen wir letztendlich auch auf die fehlenden Möglichkeiten der Weiterbildung für unsere ehrenamtlichen Mitglieder und die Schwierigkeiten aus dem Ehrenamt heraus größere Fortbildungen anzubieten, zu sprechen.

 

Schnell kamen wir auf die Idee: „Was wir alleine kaum schaffen, bekommen wir gemeinsam sicherlich hin!“ So wurde die Idee einer gemeinsamen Wolfsschulung für unsere Mitglieder geboren und was zu zweit geht, wird zu dritt noch einfacher und so wurden die Kollegen aus Rheinland-Pfalz noch mit ins Boot geholt.

 

Unser Vorschlag kam beim NABU Bundesverband so gut an, dass wir von dort eine sehr gute Unterstützung für unser Vorhaben, in organisatorischer sowie in finanzieller Art, bekamen.

 

Daraufhin nahmen die Planungen ihren Lauf bis es am 19. Mai 2023 endlich soweit war und die interessierten Teilnehmer*Innen aus allen drei Bundesländern sich im Dreiländereck in Herborn zur Schulung trafen.

Schild am Eingang des Seminarraumes. Foto: I.Till
Schild am Eingang des Seminarraumes. Foto: I.Till

Bereits bei der Vorstellungsrunde wurde ersichtlich, dass alle Teilnehmer*Innen bereits ein unterschiedlich großes Basiswissen zum Thema Wolf mitbrachten.

 

Nachdem die einzelnen NABU-Bundesländer durch Teilnehmende der Schulung (Hessen: Andrea Pfäfflin, NRW: Wolfgang Kwasnitza, Rheinland-Pfalz: Frederik Weires) vorgestellt wurden, ging es gleich weiter mit dem ersten Programmpunkt.

 

Wolfgang Kwasnitza war für seinen Vortrag online dazugeschaltet und berichtete allerlei Wissenswertes rund um die Biologie des Wolfes. Neben Sozialverhalten und Fortpflanzung ging es hier auch um sein Beutespektrum, um Verbreitung sowie Wolfshybriden.

 

Nach einer Kaffeepause durfte ich den Teilnehmenden das nächste Thema, den Herdenschutz näherbringen. Es wurden einige verschiedene Zaunsysteme vorgestellt, sowie die Wichtigkeit einer guten Erdung mit Tipps und Tricks erklärt. Inhaltlich durfte natürlich die Haltung von Herdenschutzhunden, rechtliche Aspekte des Herdenschutzes und die unterschiedlichen Zuständigkeiten in den drei Bundesländern nicht fehlen.

 

Danach hatten sich alle das Abendessen erst mal verdient.

 

Nach dem Essen berichtete Sonja Schütz von der Vereinigung für Freizeitreiter und -fahrer vom Projekt „Pferd und Wolf“. Wie ist eine Koexistenz zwischen Pferd und Wolf möglich? Was ist zu tun um seine Tiere vor dem Wolf zu schützen? Wo gibt es Probleme und wie kann man sie lösen? Auch Verbesserungsmöglichkeiten der Koexistenz auf politischer Ebene z.B. durch Förderrichtlinien wurden angesprochen.

 

Nach einem kurzen Absacker im Aufenthaltsraum gingen alle Teilnehmer*Innen müde ins Bett.

Auf Spurensuche. Bild: I.Till
Auf Spurensuche. Bild: I.Till

 

 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen ging es nach einem ausgiebigen Frühstück gleich weiter mit einem Vortrag von Willi Faber über das Monitoring unserer wildlebenden Wölfe. Es wurden alle Möglichkeiten des Monitorings angesprochen wobei die Teilnehmenden immer wieder aktiv in den Vortrag mit eingebunden wurden um z.B. Rissbilder oder Fotos von Wölfen und Hunden zu bewerten. Dabei stellte sich heraus, dass man oft sehr genau hinschauen muss um einen Unterschied zwischen Wölfen und einigen Hundearten zu erkennen, was häufig auf Fotos, die man bekommt, kaum möglich ist.

 

Als nächster Beitrag schloss sich ein Vortrag über Genetik an. Es war sehr spannend zu hören wie sich unsere Wolfspopulation verbreitet hat und wie man die verschiedenen Populationen genetisch auseinanderhalten kann. Die gesamte Wolfsgenetik in Deutschland wird beim Senckenberg Institut in Gelnhausen ausgewertet, was zu einem enorm großen Wissen über unsere Population und die Herkunft der einzelnen Individuen führt.

 

Mit einem Beitrag über Konfliktfelder bei der Thematik Wolf schloss Heike Balk den Vormittag ab. Sie gab einen umfassenden Einblick in sämtliche Themenbereiche in denen es zu Konflikten mit Wölfen kommen kann. So wurden z.B. Jagdstrecken in Wolfsgebieten analysiert und die NINA Studie zu Übergriffen von Wölfen auf Menschen genauer betrachtet.

 

Am Nachmittag ging es dann ab nach draußen – wir fuhren gemeinsam nach Rheinland-Pfalz um uns ein Wolfsgebiet anzuschauen. Die Freude war groß als wir eine alte Wolfslosung fanden. Die Losung war schon recht alt aber man konnte noch sehr schwach den typischen Wolfsgeruch wahrnehmen und Beutetierbestandteile wie z.B. Fell und Knochenstückchen erkennen – wer einmal an einer frischen Wolfslosung gerochen hat, vergisst den Geruch nicht!

 

Wir fanden auch Spuren, die von einem Wolf stammen könnten aber eine Gewissheit konnten wir in diesem Fall nicht haben, da wir die Spur bei unseren hiesigen Bodenverhältnissen nicht ausreichend lange verfolgen konnten. Um eine Wolfsspur von einer Spur eines anderen Caniden unterscheiden zu können, muss man ihr mehrere hundert Meter folgen um Gangart etc. zu beurteilen.

Infotafel beim Beweidungsprojekt des NABU Altenkirchen. Foto: I.Till
Infotafel beim Beweidungsprojekt des NABU Altenkirchen. Foto: I.Till

 Auf dem Rückweg besichtigten wir noch das Beweidungsprojekt des NABU Altenkirchen und bekamen einiges zum Herdenschutz gezeigt, z.B. wie man an einem Bachlauf einen sinnvollen Durchschlupfschutz errichten kann.

 

Nach dem Abendessen zeigte uns Ethnologe und Buchautor Thorsten Gieser einen anderen Blickwinkel auf die Thematik Wolf auf. Wir, die wir immer versuchen uns neutral und objektiv mit dem Thema zu befassen, wurden mit der Emotionalität und Affekten konfrontiert, die z.B. nach Übergriffen auf Weidetiere bei den Besitzern herrschen oder Affekte in die andere Richtung bei Menschen, die den Wolf stark verniedlicht wahrnehmen . In vielen Bereichen ist die Debatte um den Wolf hoch emotional geprägt und voller Affekte – wie können wir damit umgehen und inwieweit sind diese Affekte erlernt, beherrschbar und veränderbar? Diese Fragen und noch viele mehr wurden nach einer langen Diskussionsrunde beim abendlichen Absacker weiter diskutiert.

 

Am letzten Seminartag brachte uns Marie Neuwald vom NABU-Bundesverband nach dem Frühstück auf den neuesten Stand zu allem was das Thema Wolf rechtlich und politisch berührt. Gekonnt wurden trockene Gesetzestexte für alle nachvollziehbar und interessant erklärt.

 

 

Marie Neuwald nahm sich im Anschluss an den Vortrag den ganzen Vormittag Zeit um mit uns Fragen und Probleme in unserer ehrenamtlichen Tätigkeit zu besprechen.

 

Auch wenn es in Deutschland bereits einige Gebiete gibt, in denen der Wolf seit 20 Jahren heimisch ist und das Zusammenleben mit dem Menschen recht gut funktioniert, so stellten wir fest, dass es in jedem Gebiet in denen der Wolf neu auftaucht erst mal zu Konflikten kommt.

 

Der Herdenschutz der Weidetiere muss umgestellt werden und auch die Bevölkerung ist stark verunsichert. In verschiedenen Gruppen auf Social-Media wird alles mit persönlichen Kommentaren geteilt was auch nur entfernt mit dem Wolf zu tun haben könnte und in Medienberichten wird berichtet, was Klicks generiert. Die Emotionen kochen aufgrund vieler nur in Teilen wahren und reißerisch berichteten oder kompletten Fakenews hoch. Es dauert erfahrungsgemäß recht lange, bis eine ruhige Normalität im Zusammenleben mit dem Wildtier Wolf möglich ist.

 

Hier bedarf es durchdachte Strategien um von Anfang an in allen Gebieten in denen der Wolf neu auftaucht eine angstfreie und sachliche Kommunikation zu ermöglichen.

 

Berichtet wurde von den Seminarteilnehmern ebenfalls von Drohungen gegenüber ihrer Person bzw. gegenüber ihren Haustieren, sowie bis hin zu zerstochenen Reifen am Fahrzeug. Es fällt vielen Seminarteilnehmenden durch die Drohungen dieser Wolfsgegner bedingt, zunehmend schwerer im Ehrenamt öffentlich für den Artenschutz Wolf einzustehen.

 

Das Wochenende war alles in allem inhaltlich vollgepackt, Jede und Jeder konnte für sich und seine Arbeit Neues mit nach Hause nehmen. Als weiteres Fazit zu der Schulung konnte man erkennen wie wichtig eine gute Vernetzung unter den Artenschützern ist – in jedem Bundesland gibt es eigene Hürden zu nehmen und wir können alle viel voneinander lernen. Ein bundesweites Vernetzungstreffen, nicht nur online, wäre für alle Teilnehmenden sehr hilfreich.