Joule und Volt zum Schutz der Ziegen

NABU Gruppe Solz und LAG Wolf / Herdenschutz treffen sich zum Austausch über Ziegen- und Wolfsschutz auf der Weide

Das Zaunbauteam bestehend aus Mitgliedern der LAG Wolf und der NABU Gruppe Solz. Foto: Wolfgang Weber
Das Zaunbauteam bestehend aus Mitgliedern der LAG Wolf und der NABU Gruppe Solz. Foto: Wolfgang Weber

Horizontaler Regen begrüßte die Gruppe Solz des NABU auf der Weide unter der Regie der Ziegenbetreuer*innen Tatjana Wandel, Heidi und Niklas Hilmes in Solz (Bebra).  Ziel war es, sich mit Mitgliedern des Herdenschutzteams der Landesarbeitsgemeinschaft Wolf im NABU darüber auszutauschen, wie man die Ziegen am besten vor dem Wolf schützen kann, der im benachbarten Dens bereits mehrere Schafe gerissen hat.  Mit von der Partie war, neben einem Vertreter der lokalen Presse, auch Sandra Fuchs von der oberen Naturschutzbehörde, unter anderem verantwortlich für biologische Vielfalt, Artenschutz und Landschaftspflege.

 

Schlechtes Wetter hält die Mitglieder der LAG Wolf nicht von der Arbeit ab. Foto: Katharina Jacob
Schlechtes Wetter hält die Mitglieder der LAG Wolf nicht von der Arbeit ab. Foto: Katharina Jacob

Bevor die Truppe sich den Elementen aussetzte, begrüßte Dieter Gothe, stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Hersfeld-Rothenburg und Vorsitzender der Gruppe Solz, die Anwesenden und informierte über den Hintergrund der Aktion. Der Wolf, so Gothe, sei an der Wasserscheide zwischen Fulda und Werra verstärkt unterwegs, daher sei es wichtig, sich über den optimalen Zaunbau zu informieren und mit anderen Weidetierhaltern auszutauschen. Gleichzeitig dürfe man aber die Verantwortung für die Erhaltung der Artenvielfalt nicht aus den Augen verlieren. Fünf Hotspots der Artenvielfalt befänden sich nach Feststellungen des Bundesamts für Naturschutz in einem Radius von 50 bis 75 Kilometern um die Solmser Höhen, darunter geschlossene Waldbestände, die ausgezeichnete Lebensbedingungen für den durchwandernden Wolf böten.  Innerhalb des gleichen Gebietes brauche man aber auch Schafe und Ziegen zur Landschaftspflege. Einige Male habe der Grauhund in dieser Gegend bereits zugeschlagen. Ein Treffen mit Ministern und Betroffenen, darunter auch Jäger und Tierhalter, hat, so Gothe, in Ahlheim bei Licherode bereits 2019 stattgefunden.

 

Auch auf schwierigem Terrain müssen Zäune gestellt werden. Foto: Katharina Jacob
Auch auf schwierigem Terrain müssen Zäune gestellt werden. Foto: Katharina Jacob

Ob man Rotkäppchens Gegner nun mag oder fürchtet, in einem Punkt sind alle sich einig: Das Weidevieh muss geschützt werden. Dies geschieht, so Gothe, am besten durch gute Information, die jedoch niederschwellig und vor allem ortsnah zu erfolgen haben. Hier, so Gothe, sei die Politik gefordert. Im Bereich der Landschaftspflege zu sparen hieße, am falschen Ende sparen; dringend müsse personell aufgestockt werden, denn das Errichten von Zäunen, die dem Wolf sein Tun zumindest erschweren, sei nun einmal ein erheblicher Mehraufwand für den Tierhalter. Dies dürfe nicht erst geschehen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen sei, vielmehr müssten flächendeckend alle Herden optimal geschützt werden, bevor der Wolf auf den falschen Geschmack käme und von seinem bisherigen Hauptnahrungsmittel Reh auf Schaf und Ziege umstiege.

 

In Solz und Umgebung würde die anspruchsvolle Landschaft den Zaunbau nicht gerade erleichtern, auch hier müssten Schäfer und Ziegenhalter sich austauschen, um den Herdenschutz zu optimieren.

 

Die Ziegen kennen die Mitglieder der NABU Gruppe Solz und weichen ihnen nicht von der Seite. Foto: Katharina Jacob
Die Ziegen kennen die Mitglieder der NABU Gruppe Solz und weichen ihnen nicht von der Seite. Foto: Katharina Jacob

Achtzehn Ziegen, darunter zwei Böcke, versorgt der NABU in Solz, erläutert Tatjana Wandel, die sich zusammen mit ihrem Team um die Herde kümmert. Einige der Ziegen gehören dem NABU, einige privaten Tierhaltern. „Die Ziegen sind unsere Herzchen“, meint Wandel, „Es wäre so schrecklich, wenn ihnen etwas passierte.“.  Laut Wandel ist ein gutes Weidezaungerät mit einer möglichst hohen Joulezahl, 7,6 Joule bei ihrem eigenen Zaun, das A und O des Herdenschutzes.  Allerdings, so betont auch sie, gibt es niemals einen hundertprozentigen Schutz. Kein Zaun, so betont sie, ist „wolfssicher“, bestenfalls ist er „wolfsabweisend“.

 

 

 

Die Gruppe, die sich gemeinsam mit dem Kreisverband für die Gründung eines Landschaftspflegeverbandes und damit für eine Kooperation mit Landwirtschaft und Kommunen einsetzt, verwendet 1,20 m hohe Zäune mit T-Erdungsstäben, die zugehörigen Batterien haben eine sehr hohe Stromstärke, sodass dem Wolf der Appetit gut vergehen kann. So kann die Gruppe zuversichtlich sein, getan zu haben, was in ihrer Macht steht. Dies bestätigen auch die Schäfer aus dem Herdenschutzteam, Klaus Peikert, Wolfgang Weber und Karl-Peter Brühl.

 

Was bleibt, ist die Angst. Angst, dass der Wolf es doch schafft. Angst, vor einem schrecklichen Anblick, vor dem so genannten „Surpluskilling“, das entsteht, wenn fliehende Tiere, die aber ihren Pferch nicht verlassen können, den Jagdtrieb eines jungen Wolfes immer wieder auslösen, sodass er mehr reißt, als er eigentlich nötig hätte.

 

Diese Angst teilen die Ziegenhalter von Solz mit allen anderen Weidetierhaltern in Wolfsgebieten – und nicht nur mit ihnen. Sterben Schafe, sterben Ziegen, so stirbt auch die Landschaftspflege, weil Tierhalter resignieren. Mit ihr stürbe ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz.

 

Auch der Wolf ist jedoch ein Tier, nicht umsonst streng geschützt, gleichzeitig heftig bedroht durch Verkehrsunfälle und mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung, die zu illegalen Tötungen bis hin zur Tierquälerei führen kann.  Sind Schaf und Ziege hingegen geschützt, und hält der Wolf sich an Reh, Wildschwein und Hirsch, so ist auch Isegrim sicher und ein weiterer Beitrag zur Artenvielfalt erfolgreich geleistet.

 

Solidarität mit Tierhaltern ist somit wichtig, seien es Berufsschäfer oder Hobbytierhalter, absolute Unterstützung, was finanzieller und personeller Mehraufwand bedeutet, muss gewährt werden. Daher wünschen sich nicht nur die Gruppe Solz, nicht nur der Kreisverband Hersfeld-Rothenburg, sondern auch die LAG Wolf im NABU eine bessere Verdrahtung und weitere, verbesserte Zusammenarbeit mit Weidetierhaltern in Hessen. 

 

 

 

Katharina Jacob, 22.10.2019