Die LAG Wolf zu Besuch bei Weidetierhaltenden

Die Rückkehr des Wolfes nach Hessen wird in der Öffentlichkeit heiß diskutiert. Was für viele Naturschützer einen großen Erfolg des Artenschutzes darstellt, bereitet anderen Menschen, insbesondere den Weidetierhaltenden, Sorgen. Auch in unserer LAG Wolf engagieren sich Weidetierhalter und die Sorgen der Menschen um Ihre Tiere sind uns sehr bewusst und verständlich. Wir arbeiten daher intensiv daran, zu erkennen wo genau es zu Problemen im Zusammenleben mit dem Wildtier Wolf kommen kann und wie man diese lösen kann ohne dabei einzelne Personen- bzw. Berufsgruppen mit ihren Sorgen alleine zu lassen.

Herdenschutzhunde bei der Arbeit.  Foto: I.Till
Herdenschutzhunde bei der Arbeit. Foto: I.Till

Am 5.11.2022 besuchten wir daher mit der LAG Wolf zwei Weidetierhaltende Betriebe in Nordhessen. Wir wollten uns vor Ort informieren wie die Erfahrungen der Weidetierhalter in der Praxis mit der Anwesenheit des Wolfes sind. Was läuft gut in Hessen? Wo gibt es Probleme und was könnte man verbessern?

Bereits im ersten Betrieb konnten wir sehr gut sehen, wie vielfältig Landwirtschaft ist und dass viele Familienunternehmen Kreativität und einen sehr hohen persönlichen Einsatz einbringen um einen erfolgreichen Betrieb zu führen. So fußt der Erfolg des ersten Betriebes, den wir besuchen durften auf mehreren Standbeinen.

Es gibt hier einige Hühnermobile, sowie eine kleine Entenzucht in Freilandhaltung. Das Futter der Tiere wird selbst angebaut und nach Probenanalysen der selbst angebauten Zutaten perfekt auf den Bedarf der Tiere abgestimmt zusammengemischt. Die Tiere werden so gut wie möglich vor Übergriffen durch Marder, Fuchs und Co. geschützt.

Zusätzlich zu den Hühnern und Enten gibt es eine Schaf- und eine Mutterkuhhaltung.Außerdem werden verschiedene Feldfrüchte angebaut. Einiges davon wird im hofeigenen Verkauf angeboten.

 

Die Kühe leben in der Regel auf der Weide, werden aber zum Abkalben in den Stall gebracht. Hier sind Kuh und Kalb während der Geburt des Kalbes und in der ersten gefährlichsten Zeit vor Wolfsübergriffen geschützt, außerdem kann bei schwierigen Geburten besser durch den Menschen eingegriffen werden. So kann unter Umständen der Tod durch eine schwierige Geburt von Kuh bzw. Kalb verhindert werden.

 

Vor ca. 3 Jahren lagen morgens zwei tote Schafe auf der Weide hinter dem Haus. Die Todesursache bzw. ein Rissverursacher konnte nicht festgestellt werden. Es handelt sich um eine sehr steile Weide, welche sich nur durch einen sehr hohen Aufwand wolfsabweisend einzäunen lässt. Dies ist laut dem Weidetierhalter nicht leistbar. Komme es hier zu Rissen durch Wölfe, werde die Weide aufgegeben werden müssen.

 

Seit Anfang November ist auch eine Förderung für die Zäunung von Rinderweiden im Gebiet des Tierhalters möglich. Dem Weidetierhalter ist sehr bewusst, dass jede Förderung auch eine Verpflichtung mit sich bringt, der man nachkommen können muss. In seinem Familienbetrieb stellt sich nun die Frage ob der erhöhte Aufwand eines wolfsabweisenden Herdenschutzes zeitlich überhaupt leistbar ist bzw. welche Lösung man zeitlich finden kann. Von seiner zuständigen Behörde fühlt er sich gut beraten und wird nun Überlegungen anstellen ob er seine Tiere besser schützen kann.

 

Herr Lotz mit seinen beiden Herdenschutzhunden. Foto: I.Till
Herr Lotz mit seinen beiden Herdenschutzhunden. Foto: I.Till

Weiter ging es dann für uns zur Familie Lotz, die eine Schäferei betreibt.

 

Die Schafe der Familie leisten wertvolle Arbeit in der Grünlandpflege, so werden z.B. viele wertvolle Flächen schonend durch die Tiere beweidet. Zu den Schafen gesellen sich einige Ziegen, mit zweien davon kann man auch Wanderungen unternehmen. Dieses Angebot wird vor allen Dingen von Urlaubern auf dem Land genutzt.

 

Die Familie Lotz hat sich bereits vor geraumer Zeit Gedanken darüber gemacht, wie mit einer möglichen Wolfsanwesenheit umzugehen ist, denn dass sich Wölfe in der Gegend ansiedeln werden, sah die Familie bereits vor 3 Jahren als sehr wahrscheinlich an.

 

Obwohl es zu der Zeit noch keine Fördergelder für sie gab, schaffte sich Familie Lotz zwei Herdenschutzhunde an. Diese haben sich bei den Weidetieren gut eingelebt und sogar das Zusammenleben zwischen Herdenschutz- und Hütehunden funktioniert gut.

Schäfer mit Herde. Foto: I.Till
Schäfer mit Herde. Foto: I.Till

Im Gespräch stellte sich heraus, dass es für einige Weidetierhalter, insbesondere Familienbetriebe, sehr schwierig ist, eine Schulung zum Thema Herdenschutzhund zu besuchen, da diese häufig mit Reisen nach Norddeutschland verbunden sind. In gut erreichbarer Hofnähe werden solche Schulungen kaum angeboten. Leider ist es häufig in landwirtschaftlichen Familienbetrieben schlecht möglich für ein paar Tage wegzufahren, da die Tiere versorgt werden müssen. Mehr solche Schulungen über Hessen verteilt wären wünschenswert.

 

Der Besuch endete mit einem gemütlichen Beisammensein mit leckeren Schafsbratwürstchen vom Grill.

 

Bei der Herde steht ein Schild mit Hinweisen für Wanderer. Foto: I.Till
Bei der Herde steht ein Schild mit Hinweisen für Wanderer. Foto: I.Till

Wir danken beiden Weidtierhaltern für die Gastfreundschaft, die offenen Gespräche und die vielen Informationen, die wir mitnehmen konnten.

 

Der Wolf ist in Hessen angekommen und wird bleiben, nun gilt es zu einem möglichst konfliktarmen Zusammenleben mit ihm zu kommen.

 

Das funktioniert nur, indem alle durch den Wolf Betroffenen miteinander reden und sich gegenseitig zuhören um Lösungen für eventuelle Probleme zu finden.

 

 

Bericht: Ingeborg Till